Wirtschaftsforum: Herr Dr. Nolte, bei Ihnen dreht sich alles um Dreh- und Fräsmaschinen. Bieten Sie Standard- oder individuelle
Lösungen?
Dr. Markus Nolte: Sowohl als auch. Wir verfügen über ein breites Portfolio an Standardlösungen, mit dem wir viele Anforderungenn abdecken können. Aber wir stellen fest, dass der Markt immer mehr Turn-Key und kundenspezifische Lösungen möchte. Deshalb ist inzwischen ein Großteil unserer Maschinen entsprechend unserer Kundenwünsche individuell entwickelt und gebaut. Wir setzen für diese Entwicklungen auf unseren Standardmaschinen auf und statten diese mit Sonderfunktionen aus. Immer stärker werden zudem Automatisierungslösungen nachgefragt. Auch hier können wir mit Standardlösungen sowie individuell antworten.
Wirtschaftsforum: Bitte geben Sie uns doch ein Beispiel für eine individuelle Entwicklung.
Dr. Markus Nolte: Aktuell haben wir eine Maschine in der Endfertigung für ein deutsches Großunternehmen.
Es ist ein Turn-Key Projekt mit einem Fräszentrum als Basis. Dieses haben wir mit einem zweiten Drehtisch ausgestattet,
so dass zwei Werkstücke gleichzeitig bearbeitet werden können. Wir haben die Maschine mit aufwendiger Automatisierung
kombiniert, für das Be- und Entladen und für Prüfungen. Es geht hier um die Bearbeitung von Komponenten für die Elektromobilität mit unterschiedlichen Materialien. Die Anlage verfügt über eine automatisierte Materialerkennung und passt die Bearbeitungsparameter entsprechend an den Werkstoff an.
Wirtschaftsforum: Welche Standardlösungen bieten Sie an?
Dr. Markus Nolte: Emco bietet Standardlösungen für Drehen, Fräsen und Drehfräsen. Beim Drehen bieten wir ein Produktportfolio von Horizontal- und Vertikaldrehmaschinen. Beim Fräsen reicht das Spektrum von 3-, 4+1- und 5-Achs-Fräszentren bis hin zu großen Fahrständer- und Portalmaschinen. Unsere Hyperturn-Reihe bietet kombiniertes Dreh-Fräsen mit den High-End-Produkten der Hyperturn Powermill-Serie. Darüber hinaus ist EMCO weltweit bekannt für innovative und robuste Ausbildungsmaschinen im Drehen und im Fräsen.
Wirtschaftsforum: Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation?
Dr. Markus Nolte: Wir stellen eine deutliche Zurückhaltung im DACH-Raum fest. Die konjunkturelle Entwicklung ist angespannt, und der für uns wichtige deutsche Markt befindet sich in einer Rezession. Der Werkzeugmaschinenbau ist als Investitionsgüterindustrie stark betroffen, wir decken ein weites Spektrum ab, das macht uns etwas resilienter.
Wirtschaftsforum: Was sind Ihre Themen für die nächsten Monate?
Dr. Markus Nolte: Wir werden uns weiterhin intensiv mit der Digitalisierung beschäftigen. Mit Emconnect haben wir bereits eine eigene Plattform aufgebaut, auf der wir alle unseren digitalen Services bündeln, wie zum Beispiel Fernwartung,Datenauswertungen, die Optimierung von Parametern für die Maschinenbearbeitung oder Handbücher. Unseren Kunden stehen alle Informationen in Form von Apps zur Verfügung. Wir werden die Plattform um Funktionen wie Energiemanagement und Nachhaltigkeit ausbauen. Aktuell loten wir auch die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz aus.
Wir werden zudem die Automatisierung unserer Maschinen weiterentwickeln. Schon jetzt bieten wie eine ganze Reihe an Standard-Automationslösungen an, zum Beispiel unsere Stangenlader, Cobots oder flexible Roboter. Für unsere Kunden ist dies, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachkräftemangels, wichtig. Sie müssen hocheffizient und mannlos arbeiten können. Die Lastenhefte sind entsprechend anspruchsvoll.
Wirtschaftsforum: Nachhaltigkeit ist also auch ein Treiber für neue Entwicklungen?
Dr. Markus Nolte: Unsere großen Kunden sind im Bereich ESG bereits seit Jahren sehr aktiv und binden zunehmend ihre Lieferanten ein. Hier müssen wir uns entsprechend aufstellen und beste Lösungen bieten. Bei den kleineren und mittleren Unternehmen geht es meistens um Energiemanagement und Kostenoptimierung. Wir selbst arbeiten ebenfalls daran, unsere Wertschöpfung so nachhaltig wie möglich aufzustellen.
Wir haben Photovoltaik auf unseren Werkshallen installiert und ein eigenes Energiemanagement.
Österreich nutzt grundsätzlich bereits einen hohen Anteil an Ökostrom. Wir setzen LED ein und überprüfen alle unsere Betriebsmittel und Betriebshilfsstoffe.
Wirtschaftsforum: Haben Sie eine Vision für EMCO?
Dr. Markus Nolte: Wir hatten vor sechs Wochen unser Jahresstrategiemeeting und haben unsere langfristigen Ziele festgezurrt. Wir möchten deutlich wachsen, nicht durch ein noch breiteres Portfolio, sondern durch stärkere Fokussierung. Dadurch werden wir Freiraum schaffen, um uns noch stärker zu digitalisieren und zu automatisieren. Als Ziel haben wir definiert, dass wir in fünf Jahren zu den führenden Werkzeugmaschinenherstellern in den Bereichen Digitalisierung und Automation zählen.